Ein altes Prachtstück ist zurückgekehrt
Im historischen Ballsaal der Waldlust funkelt nun wieder der Lichterglanz der Belle Epoque. Mit einem Festakt feierten die Denkmalfreunde 100 Jahre Grandhotel und die Rückkehr des großen Saalleuchters.
Das ganze 3. Juli-Wochenende stand im Zeichen dieses Kulturdenkmal-Jubiläums. Am 22. Juli 1922 hatte das damalige „Schwarzwaldhotel Waldlust“ seinen großen Festball zur „Eröffnung des Neubaus“ annonciert. Und genau auf den Tag 100 Jahre später lud der Verein Denkmalfreunde e.V. Mitglieder und Freunde der Waldlust zu einem Festabend in diese Herzkammer des ehemaligen Nobelhotels ein. Feierlicher Höhepunkt dabei: Die Enthüllung des wieder an der Saaldecke prangenden, restaurierten Ballsaalleuchters. Dieser ließ erstmals nach vielen Jahren Abwesenheit seine üppige, durch tausende Kristallprismen funkelnde Lichterpracht erstrahlen. Ein optischer Augenschmaus, der so recht zur Hochstimmung der Gäste beitrug.
Vorsitzender Herbert Türk sprach von einem feierlichen Geburtstag und einem dank des wieder positionierten Kronleuchters „sehr bedeutsamen Glanzpunkt“ in der jungen Vereinsgeschichte. Wie immer bei Tätigkeiten im alten Gemäuer verbunden mit etwas bangen Erwartungen. Ob die Hängung auch klappt, ob die Leuchtstromversorgung funktioniert.
Zwei Tage zuvor war der Kristalllüster aufwändig montiert und an der Decke verankert worden. Auf einer Gerüstebene waren dann Michael und Jonathan Hör vom Uhren- und Schmuckfachgeschäft Krieg in Freudenstadt über 4 Stunden mit dem passgenauen Einhängen der fast 90 feingliedrigen Kristallsteinketten beschäftigt. Vom SWR begleiteten ein Filmteam und ein Hörfunkreporter die Aktion. Und gleich der erste Lichtertest sorgte für viel Staunen und Bewunderung angesichts des neuen wie alten Prachtstücks.
Herbert Türk dankte der Familie Hör herzlich für das hervorragende und aufwändig geleistete Restaurierungswerk. Mit dem Leuchter konnte der Verein deshalb dem betreuten Objekt ein ganz besonderes Geschenk zum Hundertsten bereiten. Er dankte aber auch den weiteren Sponsoren und Unterstützern, wie dem Befestigungsspezialisten Fischer in Waldachtal und der Elektrofirma Wöhrle (Freudenstadt), ohne deren wertvolle Hilfe der Verein sich schwergetan hätte. Den Abend im festlich erleuchteten Waldlust-Ballsaal sah Türk als einen zusätzlichen, neuen Motivationsschub für weitere Revitalisierungsschritte in dem seit nunmehr 17 Jahren geschlossenen Haus. „Wir hoffen, dass wir mit Ihnen noch mehrere solche Anlässe zelebrieren können.“ Allerdings würde man sich schon noch mehr Unterstützung unter anderem auch von kommunaler Seite wünschen.
In seiner Festrede zur 100-jährigen Wiederkehr der Grandhotel-Eröffnung ließ Gastredner Siegfried Schmidt vom Verein für Kulturdenkmale Freudenstadt die Glanzzeiten der Waldlust während der 20-er Jahre wiederaufleben. Die internationalen Gäste damals, aus allen Teilen der Welt angereist, muteten heute an „wie ein Märchen aus einer anderen Welt“. „Die Waldlust war offenkundig ein geradezu elementar phantastischer Ort für einen vornehmen, exquisiten Aufenthalt all der Exzellenzen, Adeligen, der Fabrikanten und Jetsetter jener Tage.“ Freudenstadt habe mit zum Club der trendigen, modischen Bade- und Kurorte in Europa gezählt, „und mittendrin die Waldlust als Einfallstor und Fluchtpunkt so mancher Weltreise“.
Das Haus, so Schmidt, habe seinerzeit einen wohltuenden Luxus stilvoller, vornehmer Prägung geschaffen und sich eine schlichte, selbstbewusste Ästhetik ohne Überspanntheiten oder demonstrative Prachtanstrengungen zu eigen gemacht. Dem Ergebnis der Grandhotel-Erweiterung 1921/22 werde man in diesem würdevoll-heiter gelungenen Festsaal auf eindrückliche Weise teilhaftig. Der Hotelpionier Ernst Luz habe regionale, Schwarzwälder Bautradition mit Internationalität vermählt und damit einen einzigartigen weltzugewandten Dreh- und Angelpunkt für die High Society erschaffen.
Nachdem dann Restaurator Michael Hör dem Festauditorium kurz die besonderen Herausforderungen bei der Instandsetzung und Vervollständigen des Leuchters geschildert hatte („Das gute, aber bös‘ ramponierte Stück war anfangs nur noch ein Gerippe“), konnte das verhüllende Leintuch endlich gelüftet werden. Unter dem Applaus des ganzen Saals glitzerten und blinkten die Kristalle wie einst zur Geburtsstunde des alten Palasts. Bei Häppchen, Sekt, feinen Getränken und eingängigen Melodien, gespielt am Flügel, wurde rege geplaudert und die Saalatmosphäre genossen.
Die beiden anschließenden Tage waren dann den interessierten Waldlust-Besuchern und der neugierigen Bevölkerung vorbehalten. Am Samstag und Sonntag waren die Gesellschaftsräume sowie die Kunstausstellungs-Räume der 1. Etage für Streifzüge geöffnet. Ganze Menschentrauben reihten sich bei den angebotenen Hotelführungen ein. An Kuchen-, Kaffee- und Getränketheken war für Bewirtung gesorgt. In der Lobby gab es Original-Plakate, Kunstdruckansichten oder historische Prospekte zu kaufen. Für zauberhaften Salonmusik-Klangschmaus sorgte am Sonntagnachmittag auf der Orchesterbühne im Festsaal Waldlust der „singende Oberkellner“ Leopold.